Stefan Kruber: Rede zu den Haushaltsberatungen

15.12.2016

Rede des Vorsitzenden der CDU-Ratsfraktion, Ratsherr Stefan Kruber, zu den Haushaltsberatungen für das Jahr 2017 in der Ratsversammlung am 15.12.16.
 

Sehr geehrter Herr Stadtpräsident,

meine sehr geehrten Damen und Herren,
Herr Oberbürgermeister,

zunächst einmal bedanke ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der gesamten Verwaltung für die geleistete Arbeit im vergangenen Jahr und heute insbesondere bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kämmerei, die diesen Haushalt zu Papier gebracht haben.

Ja, es sind mal wieder Haushaltsberatungen, es ist Zeit für eine politische Grundsatzdiskussion.

Wo steht die Landeshauptstadt Kiel? Nun, vor allem steht sie still. Finanz- und wirtschaftspolitisch ideenlos – mutlos – kraftlos.

Der Haushalt selbst ist zwar besser als befürchtet, dies allerdings wesentlich auf Grund von Einmaleffekten, Steuermehreinnahmen in absolut unerwarteter Höhe und zusätzlichen Bundeshilfen, wobei diese uns ja immer nur etwas gekürzt über das Land gemittelt erreichen. Im Übrigen steht der Haushalt auch schon wieder schlechter da, seitdem es die Nachmeldelisten gibt.

Insbesondere ist festzuhalten, dass er strukturell unverändert schlecht ist. Am strukturellen Defizit hat sich nichts verändert.

Politische Gestaltung? Fehlanzeige. Man treibt so vor sich hin.

Und das, wo das Jahr doch so stürmisch war. Zwischendrin gab es ganz viel Wind um nichts. Ja, ich meine den Windpark Meimersdorf und gebe zu, die Vollbremsung der SPD muss aus Sicht des grünen Kooperationspartners absolut unfair rüberkommen. Kein Wunder, dass die Grünen seither arg vergrätzt sind. Man spricht nicht mehr miteinander, familienrechtlich würde man wohl vom Beginn des Trennungsjahres sprechen. Dummerweise ist die Scheidung nicht möglich, man muss ja noch die Landtagswahl abwarten.

Aber immerhin spricht man noch übereinander.
Das Ergebnis ist: Nicht bewegt sich mehr.
Und nicht, weil der 150 Jahre alte Arbeiterarm es will, stehen alle Räder still.

Die grüne Minderheitendiktatur beim Flughafen ist nicht zu übersehen. Übrigens – sollte da nicht dieses Jahr noch die Entscheidung fallen, Frau Rudow? Haben Sie in der letzten Ratssitzung noch verkündet. Das wird bannig knapp...

Und auch ansonsten: Faule Kompromisse bei der Gestaltung des MFG 5- Areals, keine verlässliche Lösung für die dort von der Wirtschaft und den Gewerkschaften geforderte Kaikante, faule Kompromisse bei der Alten Mu, beim Wohnbauflächenatlas, Stillstand bei der Industriepolitik.

Der Haushalt drückt die Erstarrung der Kooperation aus: Letztlich blockiert der unsägliche Kiel-Kanal  den Investitionshaushalt. Aber, auch wenn er zu sonst nix nützt, so symbolisiert dieser tiefe Graben doch wunderbar die Spaltung der Kooperation. Da haben Sie sich ein symbolträchtiges Denkmal gesetzt...

Die Reste, die im Investitionshaushalt verbleiben, werden dann durch nicht haushaltsreife Schulprojekte blockiert – erneut. Stillstand. Nachbesserungen in der Schulbaupolitik entfallen, da die Kooperation nicht mehr beratungsfähig ist.

An dieser Stelle wollen wir mit Änderungsanträgen  - wie bereits in der letzten Ratsversammlung, heute wieder - den Knoten durchschlagen.

Einigkeit gibt es in der Kooperation nur noch, wenn es darum geht, sich jeweils die Wunschprojekte zu erfüllen. Es ist aber relativ teuer, wenn gleich drei Partner „wünsch dir was“ auf Kosten der Steuerzahler spielen – Kostenpunkt: Mehr als eine halbe Million Euro. Haben Sie eigentlich schon mal die  Appelle zum weihnachtlichen Konsumverzicht gehört?

Ich kann es angesichts dieses Trauerspiels sehr gut verstehen, wenn der Oberbürgermeister in letzter Zeit lieber mal gedanklich in San Francisco weilt oder einen Ausflug in landespolitische Themen unternimmt und darüber nachdenkt, wie man Straßenausbaubeiträge neu regeln kann. Ein wichtiges Thema, Herr Oberbürgermeister, ich hielte es aber für falsch, die Kosten wesentlich auf Mieter   zu verlagern und gerade große Immobiliengesellschaften freizustellen, wie es Ihr Lösungsvorschlag zur Folge hätte.

Zurück zum Thema: Nichts geht voran.

Die CDU-Ratsfraktion versucht, den Stillstand zu überwinden und trotz der  sehr geringen Spielräume, die noch im Haushalt verbleiben, setzen wir Akzente in der Schulbaupolitik, in der Stärkung der Kieler Wirtschaft und in der Sozialpolitik. Dabei belasten wir den Haushalt nicht zusätzlich. Mehr dazu vom Kollegen Roick.

So wie im Haushalt bieten wir auch an ganz vielen anderen Stellen Lösungen an.

Wissen Sie, es ist schon ungewöhnlich, wenn sich in einer Stadt regelmäßig DGB und IHK  zusammentun und gemeinsam Hilfen für die Wirtschaft einfordern. Hilfen für die Menschen, die Arbeit wollen und suchen. Der Leidensdruck muss schon sehr groß sein, wenn solche Bündnisse entstehen.

Eine gute Wirtschaftspolitik wäre der beste Weg zur Armutsbekämpfung. Eine gute Wirtschaftspolitik setzt nicht nur auf nicht störendes Gewerbe, sondern auch auf produzierendes Gewerbe mit tiefer Wertschöpfungskette.

Eine gute Standortpolitik für Kiel setzt nicht nur auf Arbeitsplätze in der Kreativwirtschaft, sondern auch und vor allem in der Industrie. Das oberste Ziel bei der Entwicklung neuer Flächen darf nicht nur „schöner Wohnen am Wasser“ heißen, es muss auch heißen, Arbeitsplätze für Menschen mit allen möglichen Qualifikationen zu schaffen, von besonders hoch bis auch zu besonders gering. Dies auch zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt.

In der Wirtschaftspolitik dominieren die Grünen viel zu sehr das Tagesgeschäft der Kooperation. Da wedelt der grüne Schwanz mit dem roten Hund.

Kreativwirtschaft zu fördern ist nicht falsch. Dies schwerpunktmäßig zu tun schon. Denn es ist nun mal so, dass die so hoch gehaltene Kreativwirtschaft letztlich nur als Sahnehäubchen auf einem sehr kräftigen Kakao einer produzierenden Wirtschaft existieren kann. Die tiefe Wertschöpfungskette der produzierenden Wirtschaft hatte ich schon angesprochen. Kreativwirtschaft hängt an dieser Wertschöpfungskette hinten dran. Wenn Kiel als Wirtschaftsstandort vorankommen soll, dann müssen wir die Basis stärken.

Die CDU-Ratsfraktion steht bereit für wirtschaft- und industriefreundliche Lösungen bei der Entwicklung des MFG 5-Geländes. Wir wären für eine Kaikante von vornherein genauso wie DGB und IHK. Wir sehen auch, dass Wohnungsbau sehr vordringlich ist. Bezüglich der Alten Mu ist hier ein fauler Kompromiss gemacht worden, der die Stadt nicht voranbringt und in näherer Zukunft keine Wohnungen schafft.

Mit der CDU ist klare Wirtschafts- und Industriepolitik möglich, mit der CDU ist ein Erhalt des Flughafens Kiel-Holtenau möglich.

Für den Flughafen Holtenau gibt es in dieser Ratsversammlung eine 80%-ige Mehrheit. Für Industriepolitik denke ich eigentlich auch.

Der Stillstand in dieser Stadt ist nicht mehr zu ertragen. Er muss und kann beendet werden.

Liebe Genossinnen und Genossen, Sie haben die Wahl: Befreien Sie sich aus der babylonischen Gefangenschaft  der Grünen. Dieser Bremsklotz kann umgangen werden. Voraussetzung ist allerdings, dass Sie sich trauen – oder vielmehr, dass Sie sich scheiden lassen. Mit dieser Kooperation jedenfalls ist kein Staat zu machen.

Sie haben die Möglichkeit, in dieser Stadt endlich große Knoten durchzuschlagen, nicht nur die zukünftige Gestaltung des MFG 5- Geländes, der Erhalt des Flughafens – z.B. auch der Anschluss der A21 an Kiel könnte endlich mal gelöst werden. Der ÖPNV könnte endlich ohne ideologische Scheuklappen weiterentwickelt werden. In den letzten Jahren hat der Bremsklotz Grün so viele Entscheidungen zum Wohle unserer Stadt verhindert, dass es vielleicht mal an der Zeit ist, andere Wege zu beschreiten. Für die großen infrastrukturellen und wirtschaftlichen Fragen unserer Stadt werden Sie in der jetzigen Konstellation keine Lösungen finden.

Kiel hätte es verdient.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Es gilt das gesprochene Wort!)