Rede des Vorsitzenden der CDU-Ratsfraktion, Ratsherr Stefan Kruber

18.02.2016

Rede des Vorsitzenden der CDU-Ratsfraktion, Ratsherr Stefan Kruber, zu den Beratungen des Haushaltes für das Jahr 2016 in der Kieler Ratsversammlung am 18. Februar 2016

- Es gilt das gesprochene Wort -

CDU fordert Kurswechsel

Sehr geehrter Herr Stadtpräsident,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Herr Oberbürgermeister,

Man konnte ja hoffen, dass dadurch, dass die Haushaltsberatungen ausnahmsweise im Februar stattfinden, alles anders werden würde. Diese Hoffnung aber hat sich – nicht ganz unerwartet – nicht erfüllt. Allerdings ist das Abendland auch nicht untergegangen, obwohl die Haushaltsberatungen nicht im Dezember stattfanden, anders als vor ein paar Jahren mal von der Kooperation behauptet.

Die Hoffnung auf Veränderung hat sich nicht erfüllt, denn auch dieses Jahr liegt uns kein Haushalt vor, der die Zukunftsfragen der Landeshauptstadt Kiel beantwortet. Trotz erkennbarer Fortschritte in der Investitionsplanung kann der Haushalt insgesamt nur als unambitioniert und unzureichend gewertet werden.

Die Kooperation feiert sich dafür, dass der Haushalt „ihren Kurs fortschreibe“. Genau das allerdings ist kein Anlass zur Freude. Der Haushaltskurs der Kooperation ist endlich. Bei dessen Fortsetzung wird die Landeshauptstadt Kiel finanzpolitisch handlungsunfähig, die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt werden feststellen, dass die gewohnten Leistungen nicht mehr erbracht werden können oder wesentlich mehr kosten.

Die Kommunalaufsicht der Landesregierung aus SPD, Grünen und SSW sieht dies so wie die CDU-Ratsfraktion. Sie fordert deshalb ebenfalls ein Umsteuern, eine Abkehr von Ihrem Irrweg.

Diese Kommunalaufsicht fordert, das strukturelle Defizit des Haushaltes in überschaubarer Zeit auf Null zu reduzieren – auf Deutsch: Einnahmen und Ausgaben in Übereinstimmung zu bringen. Das strukturelle Defizit beträgt ca. 40 Millionen Euro jährlich und ist der Hauptgrund für den Verbrauch des Eigenkapitals der Stadt.

Bei der Kooperation fehlt nicht nur der Wille, umzusteuern, es fehlt bereits an jeglichem Verständnis dafür, dass es hier überhaupt ein Problem gibt. Ersichtlich gehen Sie davon aus, dass das Geld der Steuerzahler ohne Ende und die Kreditwürdigkeit der Stadt unbegrenzt sei. Beides ist nicht der Fall.

Sie nehmen billigend in Kauf, dass immer mehr Geld direkt in den Schuldendienst geht – und behaupten, ihre Politik sei sozial. Aber: Nichts ist unsozialer, als die durch Sie zu verantwortenden hohen Zahlungen auf Zinsen. Dieses Geld fehlt in der Stadtkasse, es fehlt z.B. bei Schul- oder Sozialprojekten. Es wandert durch Ihre Politik direkt von den Steuerzahlern an die Banken. Ganz einfach, damit Sie es auch verstehen: Ihre Politik bedeutet weniger Schulessen für Gaardener Kinder, dafür mehr Golfschläger für Kapitalanleger.
Nutzen Sie doch mal die Zeit, die Sie als Möchtegernsozialisten darauf verwenden, sich aufzuregen, dass Banken Zinsen für das Verleihen von Geld verlangen, lieber dazu, sich zu fragen, wie Sie neue Schulden vermeiden können.
Das Sie sich solche Gedanken wirklich nie machen, wird daran erkennbar, dass Sie noch über diesen ungenügenden Haushaltsentwurf hinaus das Defizit noch weiter steigern. Ihre Haushaltsanträge sind teilweise nett zu haben, teilweise dienen sie (hallo SSW) auch nur zur Klientelbefriedigung. Gemeinsam ist ihnen allen aber, dass sie keinerlei finanzpolitische Substanz haben, weil keine Gegenfinanzierung vorliegt.

Die Aufforderungen der Kommunalaufsicht Ihrer Landesregierung ignorieren Sie vollständig. Die Kommunalaufsicht ist aber nicht unser Feind, wie Sie vermitteln wollen, sondern Wächterin der Handlungsfähigkeit der Kommunen und Wächterin über die uns anvertrauten Steuergelder. Sie offenbaren mit Ihrem Vorgehen Ihr völliges Unverständnis für finanzpolitische Zusammenhänge und steuern die Stadt Kiel mit Wucht und Wissen gegen den Eisberg.

Deutlich geworden ist dies auch in der Haushaltsstrukturkommission, die nunmehr anderthalb Jahre getagt hat, ohne nennenswerte Ergebnisse hervorzubringen. Wesentlich war diese Runde eh eine Therapiegruppe für rot/grüne Befindlichkeiten, in der die Verwaltung versucht hat, den Kooperationsvertretern beizubringen, warum zum Beispiel Kreditlinien endlich sind, aber auch – ganz grundlegend – wozu Plus- und Minuszeichen eigentlich da sind. Geholfen hat es anscheinend nicht.

Der von der Kommunalaufsicht geforderte Begleitantrag, in dem die Stadt Kiel sich zum Abbau des strukturellen Defizits verpflichtet, wird von Ihnen daher zwar mutmaßlich als Lippenbekenntnis beschlossen, aber inhaltlich geflissentlich ignoriert, wie Ihre Anträge zum Haushalt belegen.

Wobei der Verwaltungsantrag in der von Ihnen geduldeten Fassung so „weichgespült“ ist, dass man gar nicht viel ignorieren muss. Die CDU-Ratsfraktion stellt vor diesem Hintergrund einen Änderungsantrag, der verbindliche Ziele und Verpflichtungen zum Ziel hat. Weil wir darauf setzen, Sie dazu zu gewinnen, wenigstens diesen Minimalkonsens mitzugehen, haben wir auf noch weiter gehende Forderungen verzichtet. Leider wird diese Hoffnung wohl vergebens sein. Das Geld der Bürgerinnen und Bürger ist für Sie eben schlicht Verschiebemasse.

Die CDU-Ratsfraktion teilt hingegen voll umfänglich die Intention der Kommunalaufsicht, Kiel zukunftsfähig zu machen.

Zukunftsfähigkeit wird durch verantwortungsvolle Haushaltspolitik in Gänze – hier für Sie eine sechs minus – aber auch durch Einzelmaßnahmen sichergestellt, von denen wir viele deshalb inhaltlich mittragen.

Dies gilt z.B. für den Bereich der Bildungspolitik, für den Bereich der Kindertagesstätten oder für die Rettungswache der Feuerwehr. Dies alles sind Einzelmaßnahmen, die wir mittragen, aber anders als Sie mit der Erkenntnis verbunden, dass gerade die Gesamtheit dieser Einzelmaßnahmen zeigt, dass erforderlich ist, sich für die Zukunft für vergleichbare Lagen auch wieder Handlungsspielräume für Neues zu erhalten. Auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten wird es Notwendigkeiten geben, die finanzpolitische Schwerpunktsetzungen erfordern.

Ihre Attitüde a la „nach uns die Sintflut“ gefährdet solche Gestaltungsmöglichkeiten in der Zukunft. Sie hangeln sich von Jahr zu Jahr, von Wahlperiode zu Wahlperiode, und hoffen, dass es keinem auffällt, was für einen Scherbenhaufen Sie eigentlich hinterlassen. Deutlich wird dies auch daran, dass Sie langfristige Konzepte scheuen, wie von Ihren bildungspolitischen Sprecherinnen in der vorgestrigen Debatte beim Offenen Kanal eingeräumt. Sie bevorzugen ein „Steuern auf Sicht“. Dies erlaubt zwar populistische Volten, verhindert aber gleichzeitig strukturell sinnvolle Ergebnisse.

Wenn Sie Planungen auflegen, sind diese bestenfalls kurzlebig, wie die zur Schulbauentwicklung. Hier dürfen Sie gleich zwei Projekte, das der Käthe-Kollwitz-Schule und das des Ernst-Barlach-Gymnasiums wieder einsammeln.

Ihre neuerlichen Versprechungen werden wir aus der Oppositionsrolle heraus sehr kritisch beobachten. Gerade im Bereich der Schulentwicklung wäre Verlässlichkeit von hohem Wert.

Zurück zum Haushalt an sich. Dass Sie wirklich in keiner Weise verstanden haben, wo die Schwierigkeiten des Kieler Haushaltes liegen, wird vor allem an Ihrem Umgang mit dem Stellenplan deutlich.

Anstatt sich mit den von Oberbürgermeister a.D. Albig vorgezeichneten Ideen zur Stellenreduzierung im Haushalt auseinanderzusetzen, satteln Sie schlicht obendrauf. Sie erinnern sich noch an den Herrn, der ist heute Assistent von Ralf Stegner.

Sie ignorieren, dass dem hohen Krankenstand in der Verwaltung ersichtliche Mängel im Gesundheitsmanagement und teilweise in der konkreten Führungsverantwortung zu Grunde liegen und halten es mit dem Kämmerer und Personaldezernenten, der in den KN sinngemäß erklärt hat, dass, wenn viele Mitarbeiter krank sind, man viele Neueinstellungen brauche. Möglicherweise hat der Kämmerer sich ungeschickt ausgedrückt, möglicherweise ist ihm aus Versehen die ungeschminkte Wahrheit bezüglich seiner Gedanken rausgerutscht – egal, letztlich belegt diese Aussage seine - und damit Ihre - absolute Hilf- und Ideenlosigkeit.

Eine Steigerung des Personals um 8% – 8%!!! – binnen nur eines Jahres lässt deutlich werden, dass Sie jegliches Maß verloren haben. Vor allem, wenn man dabei berücksichtigt, dass Sie nicht eine einzige Stelle einsparen. Weder in diesem Jahr, noch in den Folgejahren. Wobei die Zahl der durch Sie verstetigten Stellen noch wesentlich höher ist, da in vielen Bestandsfällen „kw-Vermerke“ ersatzlos wegfallen.

Auch wenn in vielen Bereichen, wie bei der Versorgung von Flüchtlingen, der Schulkindbetreuung, bei der Feuerwehr, den Kitas und auch in Teilen des Baubereiches – wohlgemerkt in Teilen – mehr Stellen erforderlich sind, so fehlt die Kompensation der neu geschaffenen Stellen durch Streichung an anderer Stelle.
Vor allem aber fehlt ein Personalentwicklungskonzept – mal wieder eine der von Ihnen so wenig geliebten Langfristplanungen.

Insbesondere ohne ein solches kann ein damit perspektivisch dauerhafter Stellenaufwuchs um 8% nicht hingenommen werden. Sie und der Oberbürgermeister als diejenigen, die diesen Weg so gehen, sind in der Pflicht, endlich eine qualifizierte Aufgabenkritik zu betreiben, nach Einsparpotentialen durch Abschaffung von Hierarchieebenen, durch nachhaltige Senkung des Krankenstandes, durch hausinterne Optimierungen, E-Government, Mitarbeiterqualifikation, Führungskräfteschulungen und durch Verzicht auf selbstgewählte Neuaufgaben anzugehen.

Wir jedenfalls werden diesen finanzpolitischen Irrweg nicht mitgehen. Die Beschlüsse, die Sie heute gedenken zu treffen, steigern das strukturelle Defizit und verlängern damit den Weg zu dem –von der Kommunalaufsicht vorgegebenen – Ziel eines ausgeglichenen Haushaltes.

Mit unserem Vorschlag zur Haushaltskonsolidierung könnten Sie einen gangbaren Weg einschlagen. Dieser Vorschlag ist bereits auf Ihre Animositäten gegen das weniger Ausgeben von Geld zugeschnitten. Er sieht vor, die durch Inflation, Steuermehreinnahmen und andere Faktoren bedingten Einnahmesteigerungen der Stadt in wesentlichen Teilen zum Ausgabenabbau zu nutzen. Steigen die Einnahmen der Stadt um z.B. 1,5 %, und würde man sich gleichzeitig darauf beschränken, die Ausgaben um, sagen wir mal, nur 0,5% zu steigern, so bliebe per anno – bezogen auf die Größe unseres Haushaltes – ein Differenzbetrag von in diesem Rechenbeispiel rund 9 Millionen Euro, der zur Defizitreduzierung eingesetzt werden könnte. Und trotz alledem bliebe ein Mehrausgabepotential von 4,5 Millionen Euro. Bei klarer Konzentration dieses Geldes auf die gewollten politischen Schwerpunkte, wie z.B. die Bildung, könnten auch damit noch erhebliche Verbesserungen erreicht werden.
Leider liegen Ihnen solche Ideen der Selbstbescheidung sehr fern. Sie können der Versuchung, auf den Haushalt draufzusatteln, einfach nicht widerstehen.

Dennoch enttäuschen Sie Erwartungen wie z.B. an den vorhin genannten Schulen. Sie werden feststellen, dass dies in den nächsten Jahren noch häufiger passieren wird, wenn Sie Ihren Kurs so fortsetzen. Denn leider ist Geld wider Ihres Erwartens endlich.

Machen Sie endlich Politik für diese Stadt. Anerkennen Sie, dass ein Umsteuern nötig ist. Bekennen Sie sich zu Ihrer Verantwortung, bekennen Sie sich zu Kiel – auch zu unserem Wappen. Nur wer Traditionen schätzt und würdigt, kann daraus Zukunft entwickeln.

Für die Zukunft unserer Stadt kann ich Sie nur inständig bitten, die Aufforderungen der Kommunalaufsicht ernst zu nehmen und endlich gegenzusteuern, endlich die Kraft aufzubringen, Ihre Irrtümer zu korrigieren.

Beim Oberbürgermeister ist - noch - eine gewisse Bereitschaft zur Kurskorrektur festzustellen. Treiben Sie ihm diese Bereitschaft auch noch aus, wäre dies kein Erfolg für Sie, sondern eine Katastrophe für Kiel.

Abschließend werbe ich für unsere Haushaltsanträge. Wir haben nicht auf den Haushalt draufgesattelt, wir haben im Rahmen des Verwaltungsvorschlages umgesteuert. Wir stärken den Schwerpunkt Bildung und setzen ein Zeichen für den Erhalt des Eiderbades in Hammer.

Ich schließe mit dem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der gesamten Verwaltung für die geleistete Arbeit im vergangenen Jahr und insbesondere dem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kämmerei, die diesen Haushalt zu Papier gebracht haben. Ich danke - last but not least- für Ihre Aufmerksamkeit!