Haushaltsrede 2020

12.12.2019

Rede des Vorsitzenden der CDU-Ratsfraktion, Ratsherr Stefan Kruber, zu den Beratungen des Haushaltes für das Jahr 2020 in der Kieler Ratsversammlung am 12. Dezember 2019

Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Zunächst einmal möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung dafür danken, dass sie sich dieses Jahr wieder mit vollem Einsatz für unsere Stadt eingebracht haben. Insbesondere danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die den Haushalt erstellt haben.

Und nun zu diesem. Zunächst einmal Grundsätzliches. Nach wie vor profitieren wir in Kiel von wirtschaftlich guten Rahmenbedingungen. Aber: trotz staatlicher Rekordeinnahmen gelingt es uns allerdings nur mit Mühe, eine "schwarze Null" zu erreichen. Strukturell ist die Verwaltung nicht so aufgestellt, das in normalen Haushaltsjahren die Einnahmen die Kosten decken können. Der Haushalt und insbesondere die Nachmeldeliste machen deutlich, dass vieles in dieser Stadt trotz der günstigen Rahmenbedingungen nicht vorangeht.

Daneben macht die Kooperation deutlich, dass sie sich zwar mental bereits in der Vorweihnachtszeit gut eingefunden hat, sie aber vom Haushalten nichts versteht.
Deutlich wird auch, dass der Oberbürgermeister nicht nur der vorderste "Posterboy" unserer Stadt ist - auch in Wahlkampfzeiten - sondern dass seine Politik wesentlich aus - so das Wording der Verwaltung selbst -  "Show-Gimmicks" besteht. Anders gesagt: Vieles ist schöner Schein - und wenn nicht, lässt der OB seine Mitarbeiter alleine und taucht ab. Kein Wunder, dass der Krankenstand wächst: wer hat unter solchen Umständen noch Freude an der Arbeit?

Jetzt ins Detail. Ich bleibe mal beim Oberbürgermeister. Unser oberster Posterboy. Lieb und vor allem teuer ist er uns. Wir haben die Repräsentationsmittel nur auf das Maß von 2018 zurückgeführt - was immer noch sehr auskömmlich ist. Und trotzdem: das sind Gegenfinanzierungsmittel von 148.000 EUR. Allein diese Reduktion ist 8 mal so hoch wie der aktuelle Bedarf des Kinderschutzbundes. Aber 1000 Mal weniger wichtig. Was könnte man mit diesem Gimmick-Geld stattdessen Gutes tun...
Aber egal, wieviel Räpri-Mittel es gibt - wird es eng, taucht er ab, unser OB.

Beispiel: Holstenfleet: laut Dr. Kämpfer selbst "nicht einmal von einer Handvoll Menschen bei 3.000 Hausbesuchen gewollt". Er sollte schon längst voll Wasser sein. Die Aussagen im Wahlkampf 2013 waren zweideutig, die der Verwaltung im Wahlkampf 2019 eindeutig: Zum Tag der Deutschen Einheit sollte schon Wasser drin sein, gegen Ende des Jahres sollte alles fertig sein, in 2020 wären höchstens noch kleine Schönheitsreparaturen erforderlich.
Doch was geht mich mein Geschwätz von gestern an, scheint das Motto zu sein. Jetzt heißt es plötzlich, das haben wir nie gesagt. Gesagt vielleicht nicht, aber viel schlimmer: Sie haben es sogar schreiben lassen. Man kann Sie daran festhalten.

Aber das waren ja alles nur Show-Gimmicks.

Der Kleine-Kiel-Kanal, der die Innenstadt voranbringen soll, hat sie bisher nur in eine triste Ruinenlandschaft verwandelt. Der Preis hat sich um 60% auf ca. 18,7 Mio. EUR erhöht, der volkswirtschaftliche Schaden für die Innenstadt ist immens.

Großprojekte kann der Oberbürgermeister im Übrigen ganz allgemein nicht besonders gut: auch beim ZOB explodieren die Kosten.
Und wie sieht es aus mit den Fortschritten im Bereich Wohnungsbau? Das Verhältnis zur Wohnungswirtschaft ist zerstört, die eigenen Fortschritte sind überschaubar. Bis die neue Wohnungsgesellschaft wirklich handlungsfähig ist, wird es noch lange dauern. Im Moment treibt sie durch Einkäufe die Immobilienpreise noch zusätzlich in die Höhe. Neubau? Fehlanzeige.

Menschen, die sich selbst ein Grundstück in der Stadt kaufen wollen, um zu bauen, werden durch die neuen Regelungen zur Vergabe städtischer Grundstücke und zur Erbpacht maximale Hürden in den Weg gelegt. Anstatt wirklich schelle Entwicklungen zu ermöglichen, wird aus ideologischen Gründen darauf gesetzt, eine eigene Gesellschaft zu haben, möge dies auch dauern, bis der letzte Wohnungssuchende die Suche aufgegeben und die Stadt verlassen hat. Dann ist das Problem ja auch gelöst, irgendwie.... .

Und dann der Bau allgemeinbildender Schulen. Im Vergleich zu 2019 ist der Ansatz reduziert. Soviel zur Beschleunigung der notwendigen Maßnahmen in dem Bereich. Den Schülerinnen und Schülern wird so keine Zukunft gebaut.
Vor allem aber: wie immer in der Amtszeit Kämpfers herrscht in diesem Bereich wieder einmal totales Chaos. Schulbaumaßnahmen, die beschlossen wurden, wie eine neue Grundschule für Gaarden, tauchen im Haushalt nicht auf. Dafür steht die Theodor-Heuss-Schule drin, obwohl die Verwaltung mitgeteilt hat, dass die Maßnahme dort zurzeit nicht weiter verfolgt wird. Der zusätzliche Bedarf in Gaarden -Frau Pier wird dazu nachher noch mehr sagen- findet überhaupt nicht statt, ebenso wenig wie die dringend benötigte Schule im Kieler Süden.

Dass das alles nicht sehr planvoll ist, ist auch daran zu erkennen, wie erheblich die Veränderungen zwischen der ersten Liste und der Nachmeldeliste sind. Hier fehlt es komplett an Struktur und Ziel, es herrscht Stillstand. Herr Oberbürgermeister, so freundlich Sie uns auch von allen möglichen Werbetafeln immer entgegenblicken, Sie verantworten diesen Stillstand.

Aber ein bisschen Trost habe ich für Sie: Wer mit so einer Kooperation gestraft ist, der hat es ja auch nicht leicht und verdient eine Runde Mitleid.
Da legen Sie einen Haushalt vor, der mit einer knappen halben Mio. EUR im Plus ist, man kann von einer "schwarzen Null" sprechen.
Dann kommt Ihre Kooperation daher, die fröhlich in Weihnachts-Shoppinglaune ist und legt ihre Wunschliste mit insgesamt 40 Positionen vor.
Ei! Das kostet ja 1,5 Mio. EUR. Damit wäre der Haushalt genehmigungspflichtig. Die Investitionen sind in Gefahr. Ei der Daus, das haben wir gar nicht bedacht. Macht nichts, ist ja bald Weihnachten. Da muss man sich ja mal etwas gönnen können. SPD, Grüne und FDP - bei letzterer höre und staune man, die waren mal irgendwann keine „Sollzialisten“ - sind im fröhlichen Geldausgeben ohne Gegenfinanzierung vereint. Nicht einen einzigen Euro haben sie versucht, gegen zu finanzieren.

Was nun? Da muss dann wohl die Verwaltung helfen. Nach der Nachmeldeliste ist der Haushalt gut eine Mio. EUR im Plus - die günstige regionale Steuerschätzung macht es möglich - da fehlt aber immer noch ein bisschen. Da wird man kreativ. Auf Kosten unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine Mio. EUR lassen Sie aus dem Haushalt nehmen. Eine Mio, vorgesehen dafür, ab Juni 2020 den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, deren Stellen neu bewertet werden sollen, dann auch die erhöhten, verdienten Bezüge auszuzahlen.

Die eine Mio. EUR weniger bedeutet, dass das ganze frühestens ab Oktober 2020 losgehen kann. Aber was soll's, dafür können sie ja ihre Weihnachts-Shoppingliste abarbeiten... .

Gehofft, die Verwaltung könnte tatsächlich so schnell, wie wir uns das alle wünschen, die Stellenneubewertung vornehmen, nehmen Sie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern effektiv Geld weg. Selbst wenn man daran Zweifel hat, dass es unter der Führung dieses OBs so schnell gehen kann, ist es zumindest ein erheblicher Ausdruck von mangelndem Respekt gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadt, die bisher auf unterbewerteten Stellen sitzen. Sie machen deutlich, dass das ruhig noch eine Zeit lang so bleiben soll. Wir treten dieser Respektlosigkeit entgegen und beantragen, dass das Geld für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wieder eingestellt wird. Zur Gegenfinanzierung fordern wir Sie auf, ihre Anträge wieder zurückzunehmen - sie stehen ja erneut zur Abstimmung - damit das Geld dahin geht, wo es hingehört, nämlich zunächst einmal in die faire Besoldung und Entlohnung unserer Beschäftigten. Das ist Ihnen ja vorgeblich so wichtig, ich erinnere nur an die insoweit wohl ebenfalls als „Show-Gimmick“ zu wertenden Aussagen des Kollegen Soll beim offenen Kanal. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben es verdient, die Wegnahme der einen Mio. EUR zum Durchfinanzieren ihrer Anträge der Kategorie "nice to have" ist ein Schlag ins Gesicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Landeshauptstadt Kiel.

Abschließend möchte ich noch einmal für unsere Anträge werben. Sie sind sämtlich gegenfinanziert, im Bereich Schulbau setzen wir die richtigen Prioritäten, die eigentlich auch von Ihnen mitgetragen werden müssten, schaut man sich die Beschlusslage an. Wir setzen Zeichen für die Wirtschaft, insbesondere für den Flughafen in Kiel. Wir unterstützen wichtige Sozialprojekte und insbesondere den Schulbau in den Stadtteilen Gaarden und Mettenhof. Wir haben realistische Anträge im Bereich Wohnungsbau und Wohnungslosenhilfe und wollen uns für die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie für die Stärkung des von uns initiierten kommunalen Ordnungsdienstes stark machen und stehen damit mal wieder als Einzige ernsthaft für Sicherheit in dieser Stadt.
Ich werbe deswegen darum, weil Sie mal wieder alle Anträge abgelehnt haben.

Und darum noch eines, Herr Oberbürgermeister. Eines sollten Sie wirklich in Zukunft unterlassen: Wie jedes Jahr erklären Sie uns, wir sollten doch gerne dem Haushalt zustimmen, wir sollten doch einfach einmal kooperativer sein. Ersparen Sie uns derartig inhaltsleere Appelle zukünftig bitte. Wenn Sie sich die Abstimmungen im Finanzausschuss ansehen, werden Sie feststellen, dass wir bei vielen Anträgen der Kooperation signalisiert haben, dass wir sie inhaltlich mittragen könnten, wären sie denn gegenfinanziert. Unsere Anträge sind pauschal wieder alle abgelehnt worden, sogar die Förderung der energetischen Sanierung von Sportheimen. Wir gehen davon aus, dass dieser Antrag demnächst mit neuem Briefkopf von Ihrer Kooperation gestellt wird. Solange solche Spielchen laufen, ist es komplett sinnlos und geradezu unverschämt, jedes Jahr wieder zu appellieren, die Opposition möge doch bitte Ihrem brillanten Haushalt zustimmen. Zum einen ist Ihr Haushalt nicht brillant, sondern insbesondere im Bereich Schulbau schlicht eine Katastrophe, zum anderen ist Zusammenarbeit keine Einbahnstraße. Wer statt Zusammenarbeit zu versuchen lieber Machtspielchen veranstaltet und sich an seiner Mehrheit ergötzt, kann nicht damit rechnen, dass dies auf Gegenliebe stößt. Mal sehen, den Ankündigungen zu Folge, wird es heute eventuell in Anerkenntnis der Richtigkeit unserer Anträge noch etwas Bewegung geben - ihrem Haushalt zustimmen werden wir jedenfalls nicht.